Krivánska Malá Fatra (Nördliche Mala Fatra), Slowakei
Im Jahre 2009 unterwegs auf dem europäischen Fernwanderweg E4 (kék-tura) − aufgezeichnet von Felix
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Montag
25.05.
Großstadtflair und Busimpressionen
Eine
Stunde brauchte der Zug von Forró-Encs nach Miskolc
(deutsch Mischkolz). Es ist die
drittgrößte Stadt Ungarns mit 169.000 Einwohnern und neben Budapest der
wichtigste Standort der Schwerindustrie. Mit der Straßenbahn fuhren wir
ins Zentrum der Stadt. Es war sehr schwül und bei der schlechten Luft in
den überfüllten Wagen waren wir froh, die Innenstadt erreicht zu haben.
Mitte des 16. Jh. zerstörten die Türken den blühenden Marktort. Fast 100 Jahre blieb die Stadt unter der Herrschaft der Osmanen. Habsburgische Truppen plünderten zu Beginn des 18. Jh. Miskolc ein weiteres Mal, da die Kuruzen während ihres Aufstandes von hier aus unterstützt wurden. Weinhandel und Eisenerzvorkommen begründeten dann später im 18. Jh. den wirtschaftlichen Aufschwung. Die größten Sehenswürdigkeiten in Miskolc (deutsch Mischkolz) sind heute die reformierte Kirche von 1560, das Nationaltheater, die doppeltürmige Barockkirche der Minoriten und die orthodoxe Serbenkirche. In einer Seitenstraße der Fußgängerzone genossen wir typische ungarische Küchengerichte. Meine Wahl fiel auf gefüllte Paprika.
Weiter schlenderten wir dann durch die belebte Fußgängerzone zum
Busbahnhof der Stadt, wo sich auch ein Obst- und
Gemüsemarkt
befindet.
Es herrschte großes Gedränge an den
Abfahrtsplätzen der Busse, die von hier aus in alle Himmelsrichtungen des
Landes fahren. Auch unseren Bus hatten wir rasch entdeckt. Über zwei
Stunden waren wir jetzt mit ihm bis nach Aggletek unterwegs.
Zunehmend wurde die Landschaft gebirgiger. In einem kleinen Ort wartete unser Bus auf die Einfahrt eines Zuges. Einige Zugfahrgäste fuhren dann mit uns weiter. Immer leerer wurde der Bus und um ca. 16.00 Uhr stiegen wir dann alleine an der Endstation, am „Cseppkő Hotel“, aus. Das Hotel liegt etwas außerhalb des Ortes Aggtelek (deutsch Agtelek) auf einem Hügel, unweit einer der größten Tropfsteinhöhlen Europas. Die slowakische Grenze ist nur wenige Meter entfernt. |
Großer
Bahnhof für den kleinen Ort
Mittagessen im Freien in Miskolc
Fußgängerzone
Das Hotel Cseppkő auf einem Hügel beim Ort Aggtelek, Ungarn |
Dienstag 26.05.
Eine seltsame Begegnung, eine Geisterstadt, Ornithologen
und
Mit dem Auto ließen wir
uns morgens nach Jósvafö bringen. Durch Jósvafö fließt der Baradla. Ein kleiner Bach, nach dem auch die große Tropfsteinhöhle in der Nähe benannt ist und die wir morgen besichtigen wollten. Einige Gänse und Enten am Wasser vermittelten noch eine Dorfidylle, die bei uns zu Hause kaum noch existiert.
Anfangs führte der Wanderweg aus dem Dorf hinaus am Bach entlang. Im
Laubwald ging es dann, wie gewohnt, rasch voran, bis wir in einem
ansteigenden Talkessel mit großen Wiesen die Orientierung verloren. Zwar
führten Wege in verschiedene Richtungen aufwärts zum umliegenden Wald,
aber das Wanderzeichen fehlte. „Sternförmig ausschwärmen“,
in
solchen
Situationen sind wir ein eingespieltes Team. Bereits
nach einer Viertelstunde war rechter Hand der richtige Waldweg gefunden.
Der weitere Verlauf der Strecke erwies sich als gut ausgeschildert. Wieder
erwarteten uns Laubwald, Buchen und
besonders viele Eichen. Eine große Zahl von Vogelstimmen war zu hören.
Zweimal bettelten Buntspechtjunge aus Baumhöhlen heraus um Futter. Die
Wege waren „weich“ zu begehen. Nur kleine An- und Abstiege wechselten sich
ab. Immer abgelegener wurde die Gegend. Aus dem Weg wurde ein schmaler
Pfad, auf dem wir nun wie die Gänse hintereinander unterwegs waren. Der
Laubwald wurde jetzt von Fichten und Tannen abgelöst. Zwei Rehe flüchteten
vor uns. Plötzlich sah ich, wie sich seitlich im dichten
Unterholz ein
Mann schnell hinter einem Baum versteckte. Er hielt ein Beil in der Hand.
Rasch informierte ich meine hinter mir laufenden Kameraden und wir
entdeckten vom Pfad aus unweit der verschwundenen Person einen großen
gefüllten Sack.
Ursprünglich war es ein ungarisches Dorf, dessen Bevölkerung durch die Pest im frühen 18. Jh. dezimiert wurde, die Überlebenden flohen. Die Fürstenfamilie Esterházy siedelte hier jedoch ab 1711 wieder polnische Immigranten an. Die neuen Bewohner brachten ihre eigene Sprache und Religion mit. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Einwohner in einem öffentlichen Referendum befragt, ob sie zur Slowakei (Tschechoslowakei) oder zu Ungarn gehören wollten. Sie entschieden sich wohl aus wirtschaftlichen Gründen für Ungarn.
1936 wurde dann zum Schicksalsjahr des Ortes. Die abgelegene Lage und die
waldreiche Umgebung waren seit jeher ideal für die Jagd.
Der
ehemalige Premierminister
Miklós Horthy wollte jetzt hier ein von Menschen
unberührtes Jagdgebiet schaffen. Sechs Braunbären
wurden neu angesiedelt. Die lokale Bevölkerung stand diesen Plänen im
Wege. Gegen Entschädigung verließen immer mehr Dorfbewohner ihren Wohnort
und zogen in Nachbargemeinden mit besseren Ackeranbauflächen. Bis 1943
dauerte die Umsiedlung. Dann war Derenk menschenleer. Kirche und Gebäude
wurden abgerissen. Nach einem einstündigen leichteren Abstieg, jetzt wieder im Laubwald, erreichten wir eine Hütte des Nationalparks von Aggtelek (Szalamandra Ház). Der Nationalpark von Aggtelek wurde 1985 gegründet und ist der erste in Ungarn. Das Naturschutzgebiet umfasst über 60.000 Hektar. Über 1.000 kleine bzw. größere Höhlen des Aggteleker und Slowakischen Karstes zählen dazu. Sie wurden 1995 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.
Groß war unsere Enttäuschung, als wir von zwei Parkrangern erfuhren, dass
es in der Hütte außer Quellwasser nichts zu trinken gebe.
Mit dem Bus fuhren wir um 18.30 Uhr nach Aggtelek zurück. Während der Fahrt, kurz vor dem Dorf, sahen wir auf einem Bergeshang gegenüber einen mit Büschen geformten Salamander. Er hob sich deutlich von seiner Umgebung ab. Der Feuersalamander ist das Logo des Aggtelek Nationalparks, da diese Tiere kühle und dämmrige Umgebung (Höhlen) lieben. |
Weitere Bilder unserer Wanderung
Landkarte Aggtelek
Wanderung begann im kleinen Ort Jósvafö am Fluss Baradla .
Ein Paradies
für Insekten:
Harald und Felix warten auf den Rest der Wandergruppe
In Derenk, im Nationalpark Aggtelek, sind nur noch wenige Ruinen zu sehen.
Kapelle zum Gedenken an die ehemaligen Bewohner von Derenk
Im
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Mittwoch 27.05.
Naturschönheiten in einer der längsten
Das Aggtelek- und das angrenzende slowakische Karstgebiet bilden geographisch eine
Einheit. Die über 1.000 Höhlen innerhalb der etwa 60.000 Hektar umfassenden
Region wurden, wie schon erwähnt, von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt
und zählen mit zu den interessantesten und schönsten Sehenswürdigkeiten
Ungarns. Der ca. 600 m hohe Karst wird immer wieder von Trockentälern
durchbrochen. Bäche treten in Quelltöpfen wieder zutage bzw. verschwinden
unvermittelt im durchlässigen Gestein.
Der
Hotelinhaber fuhr uns morgens in Richtung des Nachbardorfs Jósvafö. Etwa
auf halben Weg befindet sich der Eingang am „Roten See“ (Vörös-tó) zur
Baradla-Höhle.
Mary,
unsere Führerin, gab uns, ca. 20 Personen, zunächst einige allgemeine
Hinweise bekannt. Zwei Stunden dauere die Führung und die Temperatur
drinnen betrage 10 ° C, Luftfeuchtigkeit 95 – 98 %. Durch Wasserfärbung wurde festgestellt, dass in der Höhle drei voneinander unabhängige Niveaus existieren. Etwa einen Kilometer lang ist die so genannte „Kurze Unterhöhle“. Von dort aus fließt das Wasser durch das Schluckloch in zwei ca. 30 m tiefer liegende Unterhöhlen. Treppen führen hinter dem Schluckloch hinunter in den Riesensaal (Óriások terme). Der „Riesensaal“ ist 130 m lang, 27 m hoch und durch-schnittlich 40 m breit. Archäologen haben hier Geschirrreste aus der Urzeit und sogar einen Fußstapfen eines Urmenschen gefunden. Während des Besuchs der großen Halle ging das Licht aus und die zahlreichen Scheinwerfer brachten dann abwechselnd an den Wänden und der Decke ein unterschiedliches Farbenspektakel zur Geltung. Gleichzeitig ertönte die Stimme des italienischen Startenors Luciano Pavarotti, u. a. „Ave Maria“. Einen weiteren Höhepunkt bildete die Besichtigung des Observatoriums. 17 m führte eine Treppe hinauf zu diesem 20 m hohen Tropfsteinturm. Das ca. 6-800.000 Jahre alte Gebilde ist der größte Stalagmit Ungarns mit einem Gewicht von etwa 800 t. Die Fauna der Höhle ist trotz der ungünstigen Umweltbedingungen wie Nahrungsarmut vielfältig. Die meisten sind nur unter dem Mikroskop zu beobachten. Die Blindassel und der endemische Blindflohkrebs sind jedoch auch mit dem bloßen Auge zu sehen. Beide Spezies sind weiß, da es in ihrer Haut keine Pigmentzellen gibt. 21 der 28 europäischen Fledermausarten kommen vor. Ein 130 m langer Stollen führt zum Ausgang der Höhle am Hotel Tengerszem beim Ort Jósvafö.
Wir aßen hier zu Mittag und wanderten danach über Wiesen, Felder und teilweise auch durch dichte Hecken acht Kilometer zurück nach Aggtelek. Wacholderbüsche, viele Schmetterlinge und Vögel fielen in der Landschaft besonders auf. Eine kleine Gedenkstätte zu Ehren des hl. Franz von Assisi lud unterwegs zum Verweilen ein. Am Abend genossen wir in unserem Hotel das „Wellnessangebot“ mit Sauna und Hallenbad. |
Weitere Bilder unserer Wanderung
Das Karstgebiet Aggtelek, (Landkarte) ein Paradies für Höhlenforscher
Eingang zur
Baradla-Höhle am
Vörös-tó (Roten See).
Der Riesensaal in der Bardala-Höhle (aus: "The Caves of the Aggtelek Karst")
Endemischer Blindflohkrebs
Ausgang der Höhle beim Ort Jósvafö |
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Donnerstag 28.05.
Wegsuche, sterbende Dörfer und
Bei bedecktem Himmel liefen wir zunächst zum Eingang der Baradla-Höhle neben unserem Hotel in Aggtelek. Am Vortag hatten wir die Tropfsteinhöhle von Jósvafö aus besichtigt. Insgesamt gibt es sogar drei Höhleneingänge. Es herrschte reger Betrieb. Schulklassen warteten neugierig auf den Beginn ihrer Höhlenführung und auch die Informationsstände und –tafeln über die Höhle waren gut besucht. Wir marschierten deshalb bald durch den Ort hindurch weiter. Begleitet wurden wir, wie gewohnt, von dem heftigen Gebell der vielen Wachhunde aus den Vorgärten der Häuser. Zwei Kilometer folgten wir dann einer Teerstraße außerhalb des Dorfes, bevor uns ein großer Eichenwald aufnahm. Mitten im Wald tauchte schon bald darauf die slowakische Landesgrenze auf und längere Zeit führte der Weg an ihr entlang. Die großen Eichen sind besonders für viele Vögel der ideale Brut- bzw. Lebensraum. Öfters sahen wir z. B. Spechte, wie sie an Baumhöhlen ihre Jungen fütterten. Umgewühltes Laub am Wegesrand und Suhlspuren an schlammigen Stellen deuteten auf Wildschweine hin. Mehrmals flüchteten auch Rehe vor uns. Durch schwere Waldfahrzeuge war der Weg teilweise stark ausgefahren und verdichtet. Das Regenwasser konnte hier nicht ablaufen und die morastigen Streckenabschnitte waren manchmal nur mühsam zu begehen. Nach einer Stunde hörte der Wald auf und von einer Anhöhe aus bot sich ein herrlicher Anblick auf die umliegenden bewaldeten Täler und Bergrücken. Über lang gestreckte Bergwiesen mit ebenfalls teilweise schönen Ausblicken kamen wir weiter zügig voran. Kurz vor Zádorfalva erkundeten wir einen Holzziehbrunnen. An einer langen Holzstange hing vorne ein Eimer, der in den Brunnen hinuntergelassen wurde und sich dort mit Wasser füllte. Nach dem Motto „Gewaltig ist des Schlossers Kraft, wenn er mit Verlängerung schafft“, war es dann sehr leicht, den gefüllten Eimer nach oben zu ziehen. Am Ortseingang von Zádorfalva wohnen Roma, und eine Gruppe von Männern war gerade dabei, Wegränder und Wiesen um die Häuser herum zu mähen. Bereitwillig überließen sie mir, auf meine Nachfrage hin, eine Sense und ich durfte ihnen kurzzeitig helfen. In einer Gaststätte in der Dorfmitte machten wir eine Mittagspause. An einer eingezäunten Weide mit Rindern und Holzställen vorbei wanderten wir weiter auf Wiesen ein schmales Tal hinauf. Viele Heckenrosen mit Hagebutten und danach Wald lösten nach zwanzig Minuten die Wiesen ab. Trotz intensiver Suche in alle Himmelsrichtungen war hier das blau-weiße Wanderzeichen nirgends zu finden. Eine ganze Stunde lang irrten wir vergeblich umher. Das „richtige Näschen“ hatte, wie so oft, unser Wanderführer. Nachdem der Wald geradeaus durchquert war, zeigte sich am Waldrand wieder das blau-weiße Zeichen. Traktorspuren führten über brachliegende Wiesen hinunter in das kleine Dorf Gömörszölös. Hier sagen sich im wahrsten Sinne des Wortes noch Fuchs und Hase gute Nacht.
Eine alte Frau trieb schimpfend mit einem Stock einen Hahn und zwei Hühner
über die Ortsstraße. Sie sprach uns auf Ungarisch an und hätte sich
wahrscheinlich gerne mit uns unterhalten, aber wir konnten uns mit ihr, da
sie nur ungarisch sprach, nicht verständigen. Bei der
Namensnennung ist zu beachten, dass immer zuerst der Familienname und an
zweiter Stelle der Vorname
genannt werden. Das
gilt für die persönliche Vorstellung, aber auch für z. B. Straßennamen.
Kartoffeln, Mais und Bohnen werden auf den Feldern am Ortsrand angebaut.
Schweres Leid erlitt Kelemér während des Ersten und Zweiten Weltkrieges. 28 Tote gab es im I. und 26 im II. Weltkrieg, las ich auf einem Kriegerdenkmal in dem kleinen Ort.
Zum Höhepunkt des Tages wurde für uns das köstliche Abendessen in der
Pension Bagolvár Fogadó. |
Weitere Bilder unserer Wanderung
Eingang zur Baradlahöhle beim Ort Aggtelek
Ziehbrunnen beim Ort Zádorfalva
Bauersfrau in Gömörszölös auf der Suche nach ihren Hühnern
Ortsschild von Gömörszölös
Unsere Unterkunft, die
Bagolvár Fogadó, |
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Freitag 29.05.
Ziel: das Bükk-Gebirge.
Ein Blick auf der Wanderkarte
zeigte uns, dass wir an diesem sonnigen Tag rund 30 km auf sehr vielen Asphaltwegen
hätten wandern müssen. Da kam der Vorschlag von unserem Wanderführer
Wolfgang gerade Recht, dass wir die 10,7 km bis zum Ort Putnok mit dem
Linienbus fahren sollten.
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Weitere Bilder unserer Wanderung
Von Kelemér bis ins Bükk-Gebirge wandert man überwiegend auf Asphalt |
Fortsetzung des Wanderberichts
Wandern durch Ungarn
Regéc
(Zempléni-hegység) bis
Forró-Encs
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